Kaylee by R Vincent

Kaylee by R Vincent

Autor:R Vincent [Vincent, R]
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-09-19T13:14:56+00:00


5. KAPITEL

Um vier Uhr morgens wachte ich auf und konnte nicht mehr einschlafen. Nachdem ich eineinhalb Stunden lang an die Decke gestarrt und den Assistenten ignoriert hatte, der alle Viertelstunde hereinschneite, zog ich mich an und machte mich auf die Suche nach der Zeitschrift, die ich am Tag zuvor zu lesen angefangen hatte. Als ich in den Gemeinschaftsraum kam, sah ich Lydia auf der Couch sitzen.

„Du bist aber früh auf”, meinte ich erstaunt und setzte mich unaufgefordert neben sie. Im Fernsehen liefen die Regionalnachrichten, doch es war niemand hier, den es interessieren konnte. Die anderen Patienten schliefen wohl noch. Genau wie die Sonne.

Lydia musterte mich genauso wie immer: mit sanftem, unaufgeregtem Interesse und einem Hauch von Unnahbarkeit. Eine kleine Ewigkeit lang sahen wir einander in die Augen, ohne zu blinzeln. Wir schienen einen absurden kleinen Kampf auszufechten, und ich forderte sie stillschweigend dazu auf, mit mir zu reden. Sie hatte etwas zu sagen, da war ich mir ganz sicher.

Doch sie schwieg beharrlich.

„Du schläfst wohl nicht viel, oder?” Normalerweise steckte ich meine Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten – schließlich war ich auch nicht scharf darauf, dass mich jemand über meine angeblich so labile geistige Verfassung ausfragte –, aber sie hatte mich am Tag zuvor stundenlang angestarrt. So, als wolle sie mir etwas mitteilen.

Lydia schüttelte den Kopf, und eine schwarze Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht. Sie strich sie wortlos zurück.

„Warum nicht?”

Sie blinzelte nur und betrachtete gebannt meine Augen. Mir kam es so vor, als sähe sie darin etwas, das niemand sonst sah.

Ich wollte sie gerade danach fragen, da bemerkte ich am anderen Ende des Zimmers einen lila Schatten. Es war die Assistentin auf ihrem Routinerundgang, sie hatte ein Klemmbrett in der Hand. Waren etwa schon fünfzehn Minuten vergangen? Gerade, als sie hinausgehen wollte, tauchte Paul im Türrahmen auf.

„Sie bringen jemanden aus der Notaufnahme her.”

„Jetzt?”, fragte die Krankenschwester und sah skeptisch auf die Uhr.

„Ja. Sie ist stabil, und sie brauchen den Platz.” Die beiden gingen hinaus, und mir fiel auf, dass Lydia noch blasser war als sonst.

Wenige Minuten später hörte ich, wie der Summer für die Eingangstür betätigt wurde und eine Krankenschwester herbeieilte. Ein Mann im grünen OP-Kittel schob einen Rollstuhl mit einem dünnen, müde aussehenden Mädchen herein. Sie trug Jeans und ein lila Krankenhausoberteil, das lange, blonde Haar verdeckte fast ihr gesamtes Gesicht. Die Arme waren von den Handgelenken bis hinauf zum Ellbogen dick verbunden und lagen schlaff in ihrem Schoß.

„Hier ist ihr T-Shirt.” Der Mann reichte der Schwester eine dicke Plastiktüte mit dem Logo des Arlington Memorial Krankenhauses. „An Ihrer Stelle würde ich es wegschmeißen. Die Blutflecken kriegen Sie mit keiner Bleiche der Welt wieder raus.”

Neben mir zuckte Lydia zusammen. Sie hatte die Stirn gerunzelt und schien Schmerzen zu haben. Während die Schwester die Neue an uns vorbeirollte, krampfte sich Lydia zusammen und krallte die Hände so fest um die Stuhllehne, dass die Sehnen an ihren Händen hervortraten.

„Ist alles okay?”, flüsterte ich, als die Schwester mit dem Rollstuhl außer Hörweite war.

Lydia schüttelte den Kopf, ohne die Augen zu öffnen.

„Wo tut



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